Choreographie oder Bewegungsablauf? Gottesanbetung oder Satansverherrlichung?
von Elios Schastél
Was ist Tanz? Worin unterscheidet sich Tanz von einem bloßen Bewegungsablauf? Ist ein tanzender Mensch ein religöser Mensch oder ein Satansverherrlicher? Diese Fragen beschäftigen Tanzpraktizierende und Zuschauer. Tänzer stoßen auf bewundernde und begeisterte Reaktionen. Andererseits wird ihnen nicht selten der Vorwurf der Satansverherrlichung, der Pornografie oder der Besessenheit von Ruhm entgegengebracht. In diesem Artikel werden Definitionen von Begriffen zusammengefasst, die das Thema Tanz charakterisieren. Die Unterschiede zwischen Tanz und bloßem Bewegungsablauf werden deutlich gemacht und an Beispielen erläutert.
Zusammenfassung
1. Einleitung
2. begriffliche Definitionen zum Thema Tanz
3. Unterschiede zwischen Tanz und Bewegungsablauf
4. Beispiele
begriffliche Definitionen zum Thema Tanz
Tanz
Tanz ist ein mystisches körperliches Verhalten, das im Moment entstehend, zur Ekstase führt.
Merkmale
- mystisches Ereignis (Vorstellung, Empathie)
- Verhalten und kein Handeln
- im Moment entstehend
- zur Ekstase führend
- Körperbewegungen sind gebunden an Bedeutungen (Semiotik des Tanzes bzw. Bedeutungslehre des Körpers und dessen Bewegungen)
Verhalten
Ein Verhalten ist eine seelische oder körperliche Reaktion eines Subjekts, die sicht nicht auf ein lebendes Objekt (z.B. Mensch, Tier) bezieht.
Merkmale
- seelisches oder körperliches Ereignis
- keine Intentionalität auf ein lebendes Objekt
Handeln
Ein Handeln ist ein Verhalten, das intentional auf ein lebendes Objekt (z.B. Mensch, Tier) gerichtet ist.
Merkmale
- seelisches oder körperliches Ereignis
- Intentionalität auf ein lebendes Objekt
Mystik
Mystik ist die Lehre von allem Seienden und Prozessen innerhalb der Seele eines Subjekt.
Ekstase
Die Ekstase ist der seelische Zustand der Glückseligkeit.
Vorstellung
Eine Vorstellung ist die visuelle Wahrnehmung von einem abstrakten nicht empirischen Objekt außerhalb des sich vorstellenden Subjekts.
Merkmale
- visuelle Wahrnehmung von einem Objekt
- möglichst hohe Abstraktion des Objekts bzw. abstraktes Objekt
- Objekt ist nicht empirisch (z.B. Gegenstand, Pflanze, Tier, Mensch)
- Objekt ist esoterisch
- Objekt ist außerhalb des wahrnehmenden Subjekts
Religion
Religion ist ein an Verhaltens- und Handlungsrituale und Insitutionen gebundener Glaube.
Merkmale
- wiederholendes Verhalten oder Handeln
- glaubensgebunden
- institutionsgebunden
religiöse Praxis
Eine religiöse Praxis ist ein wiederholendes Verhalten oder Handeln, das an einen Glauben und an Instituionen gebunden ist.
Merkmale
- wiederholendes Verhalten oder Handeln
- glaubensgebunden
- institutionsgebunden
Bewegungsablauf
Ein Bewegungsablauf ist eine Zusammenreihung von körperlichen Bewegungen, die keine Bedeutung haben.
Merkmale
- körperliche Bewegungen ohne Bedeutungen
Choreographie
Eine Choreographie ist eine sinnvolle Zusammenreihung von körperlichen, bedeutungserfüllten Bewegungen, die Schlüssigkeit und Gültigkeit beansprucht.
Merkmale
- körperliche Bewegungen mit Sinn und Bedeutung (Semiotik des Tanzes bzw. Bedeutungslehre des Körpers und dessen Bewegungen)
- rhetorische Bewegungen beanspruchen Schlüssigkeit und Gültigkeit
Gottesanbetung
Eine Gottesanbetung ist ein an einen Glauben gebundenes Verhalten.
Merkmale
- Verhalten
- gebunden an ein Glaubensobjekt
- Glaubensobjekt ist gebunden an (gute) Werte
Satansverherrlichung
Eine Satansverherrlichung ist ein Handeln oder ein Verhalten, das zur Materie und Zerstörung von Seele und Werten führt.
Merkmale
- Handeln oder Verhalten
- anzubetendes Objekt íst nicht gebunden an Werte und Seele
- Handeln oder Verhalten zerstört Werte und Seele
- anzubetendes Objekt ist Materie
Unterschiede zwischen Tanz und Bewegungsablauf
Tanz und Bewegungsablauf unterscheiden sich in vielen Merkmalen. Sich bewegen ist noch lange kein Tanzen. Im Folgenden werden die Merkmale zusammengefasst, die den Tanz und die Choreographie vom Bewegungsablauf unterscheiden.
Bewegungsablauf
- körperliche Bewegungen ohne Bedeutungen
- z. B. Nachahmung von vorgegebenen Bewegungen, Wiederholungen von festgelegten Bewegungen
Tanz und Choreographie
- mystisches Ereignis (Vorstellung, Empathie)
- Verhalten und kein Handeln
- im Moment entstehend
- zur Ekstase führend
- Körperbewegungen sind gebunden an Bedeutungen (Semiotik des Tanzes bzw. Bedeutungslehre des Körpers und dessen Bewegungen)
- rhetorische Bewegungen beanspruchen Schlüssigkeit und Gültigkeit
- z.B. improvisatives Ballett, ägyptische Tänze
Darstellung
- mystisches Ereignis (Vorstellung)
- Verhalten und kein Handeln
- im Moment entstehend
- zur Ekstase führend
- Körperbewegungen sind gebunden an Bedeutungen (Semiotik des Tanzes bzw. Bedeutungslehre des Körpers und dessen Bewegungen)
- Bedeutungen beziehen sich auf metaphysische und astrophysische Bilder und Prozesse
- z.B. Astral Tai chi
Beispiele
Tanz ist eine religiöse Praxis, die einer Gottesanbetung gleich kommt. Er ist ein Verhalten, das aus mystischen Ereignissen resultiert. Es ist notwendig gebunden an einem minimalen Maß an Improvisation. Die Körperbewegungen unterliegen notwendig Bedeutungen. Das Gegenteil von Tanz oder Darstellung geht mit Satansverherrlichung einher. Häufig ist sie kein Verhalten sondern ein Handeln ohne mystische Ereignisse beim Subjekt. Hierbei wird die Materie verherrlicht. Die Körperbewegungen haben keine oder eine schlechte Bedeutung. Werte und Seele werden somit im Gegensatz zum Tanz zerstört. Im Folgenden werden Beispiele für Tanzpraktiken und Bewegungsabläufe angeführt.
Beispiele für Tanzpraktiken
Ein Tänzer hört eine klassiche Musik. Er wird empathisch auf sie. Er bewegt sich in großen Bewegungen ohne dabei sein soziales Umfeld wahrzunehmen.
Eine Frau ist allein in einer Kirche. Sie bewegt sich schwungvoll in einem Umkreis von zehn Metern wie in einer Meditation. Gelegentlich laufen Passanten an ihr vorbei.
Ein Mensch stellt sich eine Ellipse im Universum vor. Er lässt seine Körperbewegungen führen durch das Vorstellungsobjekt. Er bewegt sich grotesk ohne einen erkennbaren Grund.
Beispiele für Bewegungsabläufe
Ein Mann stellt sich durch Körperbewegungen dem Publikum vor, weil er berühmt werden möchte. In einem auswendig gelernten Bewegungsablauf zeigt er dafür mehrfach seine Oberschenkel mit möglichst hoch schwingenden Beinen.
In einer Volkstanzgruppe wiederholen zwanzig Menschen zum neunzigsten Mal den selben Bewegungsableuf. Sie konzentrieren sich darauf sich alle identisch zu bewegen.
Eine Frau bewegt sich vor der Kamera in einem Film. Sie macht Bewegungen, die auf die Erregung eines männlichen Publikums abzielen.